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17.07.2002

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  Design in Lehre, Forschung, Praxis
Die Essener design school zollverein setzt auf Unternehmenskooperationen


Am Standort Zeche Zollverein, dem 1986 stillgelegten Zechengelände im Essener Norden, entsteht die design school zollverein (d/s/z). Im Rahmen der Umstrukturierung des Weltkulturerbes Zeche Zollverein - unter der Ägide der Entwicklungs-Gesellschaft Zollverein - soll die d/s/z ein zentraler Baustein sein. Die d/s/z wird berufliche Weiterbildung rund um Design mit multidisziplinären Forschungsprojekten verbinden und dabei die Forschungsergebnisse in konkrete Anwendungsszenarien umsetzen. In enger Kooperation mit regionalen Hochschulen - so etwa mit der Essener Hochschule - werden Masterstudiengänge und Doktorandenprogramme angeboten. Zusammen mit Unternehmen aus der Region bildet die d/s/z die Studierenden anhand praxisnaher Fragestellungen weiter. So können die Unternehmen Anfragen an die design school richten oder ihre Mitarbeiter aktiv an Forschungs- und Entwicklungsprojekten teilnehmen lassen.
Die Absolventen der d/s/z werden auf den Sprung in die Selbstständigkeit vorbereitet. Vision der d/s/z ist es, dass ihre Absolventen in der Umgebung der design school Büros, Unternehmen und Beratungsfirmen gründen - das so genannte creative village.
Die Anschubfinanzierung der d/s/z von 15 Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre setzt sich aus Mitteln der Europäischen Union, dem Land Nordrhein-Westfalen und der Stadt Essen zusammen. Nach fünf Jahren soll die design school zollverein in Form einer Public Private Partnership geführt werden. Unternehmen können dann zum einen das Projekt sponsern, zum anderen Lehrkräfte zur Verfügung stellen. Ein international ausgeschriebener Architekturwettbewerb soll über das Design des künftigen d/s/z Gebäudes entscheiden.

"In der heutigen globalisierten Geschäftswelt ist es wichtig, dass das eigene Unternehmen und dessen Produkte und Services auffallen und sich von denen der Konkurrenz deutlich unterscheiden", sagt Professor Ralph Bruder, Gründungspräsident der design school zollverein (d/s/z) in Essen. " Designentscheidungen werden also immer bedeutsamer für die Akzeptanz im Markt. Entscheidungsträger in Unternehmen müssen systematisch kreative Designlösungen entwickeln." Unter dem Motto "Managing as Designing" bietet die d/s/z Weiterbildungsseminare für solche Entscheidungsträger an. Außerdem bereitet die d/s/z Angestellte aus kreativen Berufen, wie etwa Designer, Mediendesigner oder Architekten, auf den Sprung in die Selbstständigkeit vor und unterstützt sie bei ihrer Existenzgründung.

Design und Business eng verknüpfen

Um an der d/s/z aufgenommen zu werden, müssen alle Bewerber ein mehrstufiges Aufnahmeverfahren durchlaufen. Dabei müssen sie ihre berufliche Qualifikation nachweisen, da sich die d/s/z als reines Weiterbildungsinstitut für Berufstätige versteht. Dieser Ansatz unterscheidet die d/s/z von anderen Designschulen.

Die d/s/z bietet zwei Masterstudiengänge an. Der eine ist für knapp 100 Berufstätige in kreativen Berufen gedacht, um diese auf den Wechsel in die Managementebene vorzubereiten. Ein zweiter Studiengang richtet sich an Unternehmer, die Qualität unterschiedlicher Designlösungen beurteilen, eigene Designentscheidungen treffen sowie Designprozesse initialisieren und koordinieren sollen. Für die angebotenen Masterstudiengänge werden Gebühren von rund 15.000 Euro pro Jahr erhoben.

Zusätzlich werden zehn Doktoranden an der d/s/z in speziellen Programmen gefördert. Sie sollen in Forschungs- und Entwicklungsprojekten mit Mitarbeitern von kooperierenden Unternehmen und externen Projektleitern zusammenarbeiten. Die Finanzierung der Doktoranden erfolgt über Forschungsaufträge, die Unternehmen an die d/s/z richten.
Mit Seminaren und Workshops zu ausgewählten Themen richtet sich die d/s/z zukünftig auch an ein breites Publikum. So sind im Laufe des Jahres erste Seminare und ein internationaler Workshop zum Thema "Design und Business" im Rahmen einer Sommeruniversität geplant. Praxisnahe Gastvorträge von Fachleuten - wie etwa Manager, Mediendesigner, Informatiker, Filmemacher, Philosophen oder Naturwissenschaftler - werden das Lehrangebot abrunden.

Das Humboldt'sche Ideal

Im Vordergrund des Curriculums der d/s/z steht die Praxis, die mit Lehre und Forschung verzahnt werden soll. Damit geht die Akademie über das Humboldt'sche Ideal, Lehre und Forschung zu verbinden, hinaus. So werden beispielsweise anhand konkreter Fragestellungen aus der Wirtschaft, Designlösungen von den Studenten der d/s/z erarbeitet. Zudem können auch entsprechend qualifizierte Mitarbeiter der kooperierenden Unternehmen an Forschungs- und Entwicklungsprojekten der d/s/z teilnehmen. Die Lehrtätigkeit wird praxisnah von Lehrkräften aus Unternehmen und internationalen Hochschulen durchgeführt. Ein nur kleines, fest angestelltes Team soll sich um die Koordination der Bereiche Lehre, Forschung und Existenzgründung kümmern.

An der design school zollverein wird Internationalität großgeschrieben. So richtet sie ihre Studiengänge und Doktorandenprogramme global aus. Dazu will die d/s/z mit weltweit tätigen Ausbildungs- und Forschungseinrichtungen, wie etwa der Harvard Design School in Cambridge (US-Staat Massachusetts), der Bartlett School in London und der Rotterdam School of Management oder der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich Kooperationsverträge abschließen. Ebenso sollen international tätige Unternehmen für die Zusammenarbeit gewonnen werden. Somit verschmilzt die Designforschung nicht nur mit der Praxis, sondern auch mit neuen Ideen aus aller Welt.

International ist auch der Architekturwettbewerb ausgerichtet, der über die Konzeption und Gestaltung des künftigen d/s/z Gebäudes entscheidet. Im Sinne der Bauhaus-Tradition soll die Konzeption des Gebäudes die thematische Ausrichtung der d/s/z widerspiegeln. So sind die weltweit teilnehmenden Architekten und Architekturbüros auch dazu aufgefordert, eigene Ideen für das inhaltliche Konzept der design school zu entwickeln.

Beratung - Organisation - Botschafter

Der Beirat der d/s/z ist mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft besetzt. Eine der zentralen Aufgaben des Beirats ist es, ein internationales Netzwerk aufzubauen. Zudem beraten Repräsentanten aus den vier Fachbereichen Kommunikation, design-orientierte Unternehmenskultur, virtuelles Lernen sowie Architektur und Design die Akademie. Außerdem schlägt das Beratergremium unter Vorsitz von Hartmut Krebs, Staatssekretär des Ministeriums für Schule, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen, Lehrangebote und Kooperationen der d/s/z vor. Als Botschafter der design school zollverein befasst sich der Beirat auch mit Fragen rund um Existenzgründungen und den Finanzhaushalt.

Weitere Unterstützung erfährt das Projekt d/s/z durch die Geschäftsführer der Entwicklungs-Gesellschaft Zollverein mbH, Dr. Wolfgang Roters und Stefan Schwarz. Die Entwicklungs-Gesellschaft ist damit betraut, das Weltkulturerbe Zeche Zollverein aufzuwerten und umzustrukturieren. Auch die Projekt Ruhr GmbH mit ihrem Geschäftsführer Hanns-Ludwig Brauser engagiert sich bei der Entwicklung der design school zollverein, indem sie die d/s/z als Modellprojekt für ein Center of Excellence for Design fördert. Die Projekt Ruhr GmbH sichert auch die Einbindung der design school in den wirtschaftlichen Prozess des Strukturwandels im Ruhrgebiet.

Finanziert wird die d/s/z größtenteils aus EU-Mitteln. So erhält die design school bis 2006 die 15 Millionen Euro als Anschubfinanzierung. 50 Prozent der Finanzierung kommen dabei aus dem Ziel II Förderungsprogramm für strukturschwache Regionen der Europäischen Union. Auch das Land Nordrhein-Westfalen und die Stadt Essen unterstützen den Aufbau der d/s/z finanziell. Ab 2006 wird die d/s/z dann in Form einer Public Private Partnership betrieben. Sponsoren und engagierte Unternehmen beteiligen sich dann an der Finanzierung der d/s/z oder stellen Projektleiter und eigene Mitarbeiter für Lehraufträge zur Verfügung.

Kunst, Design und Weltkulturerbe

Essen ist als Standort für die d/s/z besonders geeignet, da sich das Areal Zeche Zollverein im Essener Norden zunehmend zu einem Design-Standort entwickelt. Das Industriegelände mit der Zeche Zollverein Schacht XII, der Kokerei Zollverein und den Schachtanlagen 1/2/8 ist heute eines der bedeutendsten Industriedenkmäler Europas. Seit Mitte Dezember 2001 wird das Gelände offiziell von der UNESCO als Weltkultur-erbe geführt. Der Strukturwandel - vom florierenden Bergwerk hin zu einem Kultur- und Designareal - wird hier besonders deutlich. So entstanden aus der Kokerei, der Kohlenwäscherei und Wipperhalle Ausstellungs- und Proberäume. Im ehemaligen Kesselhaus befindet sich seit 1997 das Design-Zentrum Nordrhein-Westfalen. Alle diese Gebäude wurden von den Architekten Fritz Schupp und Martin Kremmer 1932 im Stil des Bauhaus errichtet. Das neu zu errichtende Gebäude der d/s/z soll eine Verbindung von industriellem Kontext und moderner Architektur darstellen.

Auch die Universität Essen mit ihren Fachbereichen Design und Kunst - mit den Wurzeln in der Essener Folkwang Hochschule für Gestaltung - ist ein gutes Argument für Essen als Designstadt. Erstmals in Deutschland wurde hier die Designausbildung als Universitätsstudium anerkannt. Essen wurde so zu einem Standort für Kreative, da sich ein großer Teil der Absolventen der Folkwang Hochschule rund um Essen mit eigenen Unternehmen niedergelassen hat.

"'Kunst und Design auf Zollverein‘ ist das Leitbild des Nutzungskonzeptes für die restaurierten Gebäude am Standort Zeche Zollverein", sagt Dr. Wolfgang Roters. "Seit mehreren Jahren haben sich hier rund zwei Dutzend renommierte Institutionen, Büros und Unternehmen aus den Bereichen Kunst, Kultur, Design und Neue Medien angesiedelt. Der Standort wird so zum identitätsstiftenden Zeichen für die Entwicklung im Ruhrgebiet. Die d/s/z ist dabei ein weiterer Meilenstein zur 'Zeche Zukunft'."
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Über den Beirat der d/s/z
Zum Beirat der design school zollverein (d/s/z) gehören Vertreter aus Politik und Wirtschaft. In Einzelnen sind das: Staatssekretär Hartmut Krebs; Kristin Feireiss von der Aedes Galerie und Architekturforum in Berlin; Klaus J. Maack, Geschäftsführer der ERCO Leuchten GmbH aus Lüdenscheid; Professor Thomas Rempen, der Düsseldorfer Rempen & Partner Werbeagentur GmbH; Dr. Oliver Scheytt, Präsident der Kulturpolitischen Gesellschaft und Kulturdezernent der Stadt Essen; Professor Dr. Gerhard Schmitt, Vize-Präsident der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich für Planung und Logistik und Professor Axel Thallemer, Leiter der Designabteilung von der Esslinger Festo AG.

 
 
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